Freudenberg. Die neu gebaute Pflegeeinrichtung der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort „Wohnen und Pflege am Wald" hat am 6. Januar ihren Betrieb aufgenommen. Insgesamt 14 pflegebedürftige Seniorinnen und Senioren sind in den ersten beiden Wochen aufgenommen worden. „Wir freuen uns, dass dieses Haus nun nach und nach mit Leben gefüllt sein wird", beschreibt Jan Bottenberg als Einrichtungsleiter die Gefühlslage des Pflegeteams.
Gleichwohl ist die Freude über den Start deutlich getrübt. Denn abrechnen kann der Friedenshort seine Pflegeleistungen bis dato noch nicht! „Der Komplex an Abhängigkeiten und nicht mehr erklärbaren Verzögerungen bringt uns mittlerweile wirklich an Grenzen, eigentlich sogar darüber hinaus", konstatiert der Friedenshort-Vorstand mit Leitender Theologin Pfarrerin Ute Riegas-Chaikowski und dem kaufmännischen Leiter Götz-Tilman Hadem.
Dabei startete der Prozess an Genehmigungen und notwendigen Vereinbarungen zunächst einmal zuversichtlich. Die Abnahme durch die Bauaufsicht des Kreises Siegen-Wittgenstein sowie die Feuerschutzprüfung verliefen im Sommer vorigen Jahres reibungslos. Das „Go" durch die WTG-Behörde (ehemals Heimaufsicht) des Kreises konnte entgegengenommen werden. Ebenfalls prüfte im Sommer der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, ob alle Anforderungen an Bau und Ausstattung einer Pflegeeinrichtung erfüllt wurden.
Für den Betrieb einer Pflegeeinrichtung in NRW ist ein so genannter Versorgungsvertrag notwendig, der mit den Landesverbänden der Pflegekassen (in diesem Fall für Westfalen-Lippe) abgeschlossen wird. Der Friedenshort hatte hierzu im Oktober 2023 (!) Antragsunterlagen für einen Gesamtversorgungsvertrag für stationäre Langzeitpflege und die angeschlossene Kurzzeitpflege eingereicht. Federführend für den Gesamtversorgungsvertrag ist die Knappschaft, während wiederum die Pflegesatzverhandlungen federführend von der BARMER geführt werden für die Pflegekassen. „Die Krux dabei ist, dass Pflegesatzverhandlungen strikt nur dann überhaupt aufgenommen werden, wenn ein solcher Versorgungsvertrag vorliegt", erläutert Hadem. Und dieser Vertrag ließ auf sich warten, trotz fortdauernder Bemühungen und Dringlichkeitsvorstößen. „Wir haben uns dann irgendwann an Landrat Andreas Müller und Bürgermeisterin Nicole Reschke gewandt mit der Bitte um Unterstützung und sind dankbar, diese auch bekommen zu haben", sagt Pfarrerin Riegas-Chaikowski. Denn natürlich ist es auch vom kommunalen Interesse, dass die Versorgung pflegebedürftiger Menschen durch den Friedenshort aufgenommen werden kann, zumal die Grundlage des Neubaus von „Wohnen und Pflege am Wald" der Zuschlag an den Friedenshort im Rahmen einer Bedarfsausschreibung des Kreises Siegen-Wittgenstein war.
Mitte Oktober 2024 ging dieser Gesamtversorgungsvertrag schließlich ein, mit Gültigkeit zum 1. Oktober 2024 und die Pflegesatzverhandlungen konnten aufgenommen werden. Diese wurden am 10. Dezember zum Abschluss gebracht. Auch dabei galt es allerdings „etliche Kröten zu schlucken", da sehr schnell deutlich wurde, dass die Vorstellungen zum Beispiel zu Aspekten wie Personalschlüssel oder Sachkosten (z.B. Verpflegung) recht deutlich auseinanderlagen. „Wir haben letztlich zugestimmt, weil wir immer wieder diejenigen Menschen und ihre Angehörigen vertrösten mussten, die seit langem auf die Aufnahme in unseren Neubau gewartet haben", so der Friedenshort-Vorstand. Und ein wirtschaftlicher Aspekt kommt hinzu. Um starten zu können braucht es Personal, welches nicht erst dann gesucht und eingestellt werden kann, wenn es tatsächlich losgeht. Der Friedenshort hielt seit September 2024 und teils noch einige Monate früher Personal im zweistelligen Bereich vor, welches bis dato noch nicht refinanziert werden konnte.
Trotz Zustimmung liegt dem Friedenshort eine Vergütungsvereinbarung aber immer noch nicht vor. Dies liegt nach Aussagen der dafür zuständigen BARMER aktuell an noch nicht erhaltenen so genannten Abrechnungsschlüsseln. Dies sind Codes und Tarifkennzeichen, ohne die keine Leistungen abgerechnet werden können. Zuständig für die Übermittlung dieser Abrechnungsschlüssel ist wiederum die Knappschaft. „Es ist niemandem mehr vermittelbar, dass Dringlichkeitsaspekte hier scheinbar gar nicht gesehen werden, daher haben wir uns gemeinsam mit Rechtsanwälten der uns unterstützenden Beratungsgesellschaft Curacon entschlossen, nun höchste Ebenen bei den Pflegekassen einzuschalten", so der Friedenshort-Vorstand. Der viel zitierte Geduldsfaden ist jedenfalls schon seit längerer Zeit gerissen.