Freudenberg. Lungenkrebs ist in Deutschland die dritthäufigste Krebsart und jene mit der höchsten Sterblichkeitsrate. Die gute Nachricht: Dank medizinischer Fortschritte kann immer mehr Betroffenen geholfen werden. Welche Behandlungsmöglichkeiten es bei Bronchialkarzinomen und anderen Tumoren im Brustkorb gibt, darüber informierten bei einem Vortragsabend in der VR-Bank in Freudenberg Dr. Rainer Grübener und Dr. Andreas Müller, Chefärzte im Diakonie Klinikum Bethesda.
Im Namen der Gastgerberin begrüßte Vorstandsmitglied Jörg Padtberg zur bereits fünften Kooperationsveranstaltung mit dem Förderverein des Bethesda-Krankenhauses. Für diesen wiederum hieß der stellvertretende Vorsitzende Tobias Schmidt die Zuhörer willkommen und erinnerte daran, dass unter Chefarzt Dr. Grübener vor zehn Jahren die Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Lungenheilkunde am „Bethesda“ gegründet wurde. Seit diesem Jahr ist dort die Thoraxchirurgie etabliert. Dank dieser Entwicklung können in Freudenberg Patienten mit Erkrankungen der Atmungsorgane internistisch wie chirurgisch auf hohem Niveau versorgt werden.
Besonders gefürchtet ist freilich der Lungenkrebs. Auch wenn dieser zumeist erst bei Patienten im mittleren bis höheren Lebensalter diagnostiziert werde, seien die Ursachen häufig früher zu suchen, verdeutlichte Dr. Grübener: „Risikofaktor Nummer eins ist und bleibt das Rauchen.“ Daneben können aber auch Umweltfaktoren, Abgase oder Gefahrenstoffe für Bronchialkarzinome ursächlich sein.
Das Tückische: Ein Lungenkarzinom im frühen Stadium verursacht selten Beschwerden. Husten, Gewichtsverlust, Luftnot oder Schmerzen in der Brust oder den Knochen können Warnsignale sein. Daneben gibt es aber eine Reihe weiterer möglicher Symptome, die durch den Tumor selbst oder dessen Metastasen bedingt sind. Zur Abklärung erfolgt zunächst eine körperliche Untersuchung, verbunden mit einer Röntgen-Bildgebung des Brustkorbs sowie einer umfassenden Labordiagnostik.
Erhärtet sich der Verdacht, können Ärzte auf weitere Diagnose-Möglichkeiten zurückgreifen. Hierzu zählen etwa eine Computertomografie von Thorax und Oberbauch sowie eine flexible Bronchoskopie mit Biopsie. Bei einer solchen Lungenspiegelung wird ein biegsames Endoskop durch den Mund und die Luftröhre bis in die Hauptbronchien eingeführt. Klingt unangenehm, bereitet aber keine Beschwerden, versichert Dr. Grübener: „Zum einen erhalten die Patienten eine Schlafspritze, zum anderen ist der Schlauch dünner als ein Bleistift.“ Das flexible Bronchoskop liefert Ärzten nicht nur bildgebende Einblicke in das weit verzweigte Bronchialsystem, es lassen sich auch mithilfe winziger Zangenwerkzeuge Gewebeproben entnehmen. So lässt sich ein Tumor möglichst exakt anhand von Lage, Größe und Beschaffenheit klassifizieren und erkennen, ob auch Lymphknoten betroffen sind oder der Tumor in andere Regionen gestreut hat. „Es ist wichtig zu wissen, womit wir es zu tun haben“, so Dr. Grübener, „denn danach richtet sich die Wahl der Therapie.“
Als Goldstandard gilt nach wie vor eine Operation – sofern der Gesundheitszustand des Patienten dies zulässt und zugleich die Aussicht groß ist, dass das Tumorgewebe chirurgisch komplett entfernt werden kann. Ist der Krebs nicht vollständig heilbar, lassen sich durch Strahlen- und Chemotherapien tumorbedingte Symptome lindern und eine Lebensverlängerung des Patienten erreichen. Nicht zuletzt führen moderne Immuntherapien, bei denen das körpereigene Abwehrsystem dazu stimuliert wird den Tumor anzugreifen, zu enormen Fortschritten bei der Behandlung. Immer häufiger setzen Ärzte dabei auf eine Kombination der genannten Therapieansätze. Auf diese Weise könne immer mehr Betroffenen auch mit schweren Diagnosen geholfen werden, betonte Dr. Grübener.
Auf operative Therapiemöglichkeiten bei Lungenkrebs und chronischen Lungenerkrankungen ging anschließend Dr. Andreas Müller in seinem Vortrag ein. Insbesondere bei nicht-kleinzelligen Tumoren, die circa drei Viertel aller Bronchialkarzinome ausmachen, sei in frühen Stadien und bei entsprechender Konstitution des Patienten eine OP die erste Wahl, so der Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie. Dabei werden häufig ganze Lungenabschnitte chirurgisch entfernt. Das Ausmaß des Eingriffs hänge im Wesentlichen von der Ausdehnung der Tumorerkrankung und den funktionellen Reserven des Patienten ab: „Vor einer OP gilt es einzuschätzen, was danach an Lungenfunktion übrigbleibt.“ Grundsätzlich müsse das Ziel jedoch die komplette Entfernung des Tumorgewebes sein, was notfalls auch umliegende Organen einschließt.
Konventionell erfolgt eine Tumorentfernung durch einen Schnitt an der Flanke des Patienten. Je nach Ausgangslage und Ziel der OP kommen dabei verschiedene Varianten infrage – von der Entfernung kleinerer Lungenanteile bis hin zur Resektion eines kompletten Lungenflügels. „Inzwischen“, so Dr. Müller, „greifen wir aber auch immer häufiger auf minimalinvasive Techniken zurück.“ Bei dieser „Schlüsselloch-Chirurgie“ erfolgt der Zugang zum Inneren des Brustkorbs über kleinste Hautschnitte, durch die Kamera und Instrumente (ein)geführt werden. Doch nicht nur bei Lungenkrebs oder Metastasen, die sich in die Lunge ausgebreitet haben, kommen chirurgische Verfahren zum Einsatz, sondern auch bei Entzündungen, Abszessen, Eiter- und Flüssigkeitsansammlungen im Bereich von Lunge, Bronchien und der Pleura, also des umliegenden Brustfells.